Roland Trettl
Stammtisch
Stammtisch mit Roland Trettl
„Kann ein Koch, der sich schlecht anzieht, schöne Teller anrichten? Eher nicht!“ Roland Trettl sagt bei uns seine Meinung zum Thema „Kleider machen Leute“ oder doch eher „schöne Teller“?

Er wurde nicht als Koch geboren. Zuerst spielte er Eishockey, war DJ und jobbte als Bademeister. Nach einer Kochlehre im Bozner Parkhotel Holzner schickte er ein Holzbrett als Bewerbung an Eckart Witzigmann und wurde erstaunlicherweise engagiert.

So begann etwas Großes: mehr als zehn Jahre realisierte er gemeinsam mit den besten Köchen aller Kontinente das aufregende Restaurantkonzept „Ikarus“ im Hangar-7. Seither ist er bekannt als TV-Koch („The Taste“, „First Dates – Ein Tisch für Zwei“, „Karawane der Köche“ u. v. m.) und Autor.

Bei uns rechnet er ab!

Eine Frage, auf die ich viel zu oft keine Antwort bekomme, betrifft die Ästhetik. Wie kann es sein, dass in einem Beruf, wo Ästhetik eine so große Rolle spielt wie in der Gastronomie, so viele Köche angezogen sind, als hätten sie keinen Spiegel zu Hause?

Aber machen wir es umgekehrt: Loben wir die, denen klar ist, wie sie sich anziehen müssen, welche Farben zusammenpassen, welcher Schnitt ihnen steht, was für ein Schuh getragen werden muss, wie ein Gürtel auf die Schuhe abgestimmt wird, wie ein Seidentuch ins Sakko gesteckt wird. Einen Andreas Caminada, der zu jeder Tageszeit elegant aussieht. Einen Sergio Herman, dessen Style so souverän und selbstverständlich ist, dass nichts daran rütteln kann. Einen Carlo Cracco, der sich lässig und gleichzeitig wunderbar elegant kleidet. Man kann schon davon ausgehen, dass die modebewussten unter den Köchen auch die sind, deren Teller am schönsten angerichtet werden. Sie beherrschen das Wichtigste: die Leichtigkeit, mit der man Formen und Farben zu etwas Neuem, Harmonischem kombiniert. Denn genauso, wie du es merkst, wenn sich jemand mühsam in Schale geworfen hat, merkst du es auch an den Tellern, dass sich gerade jemand beim Anrichten das Handgelenk verstaucht hat.

Für mich ist ein gewisses Modebewusstsein eine Voraussetzung für einen großen Koch. Wobei es natürlich dem Betrachter überlassen bleibt, zerrissene Jeans und eine kurze grüne Lederjacke als Ausdruck von Modebewusstsein zu interpretieren oder als Griff in die Altkleiderkiste.