Lass uns über das Verfahren des Brennens sprechen. Unterschied damals zu heute?
Wir haben zwei Brennanlagen. Die alte und die neue Zeit. Was bei beiden Arten des Brennens dasselbe ist, ist das doppelte Brennverfahren. Das bedeutet, dass wir zuerst einen „Rohbrand“ machen und dann einen „Feinbrand“. Die Unterschiede: Bei der alten Zeit wird über Holzfeuer destilliert. Hierbei haben wir eine deutlich kleinere Menge, die wir brennen können, d.h. bis zu 300 Liter. Im Vergleich zur neuen Zeit ist das wenig, denn hier können wir bis max. 1000 Liter Maische brennen. Bei der Brennerei „neue Zeit“ wird über Gas befeuert. Hier nutzen wir Touchscreens, wo man u.a. den Zu-und Ablauf sehen kann und alles läuft automatisch. Zwischendrin hat man noch eine sensorische Kontrolle. Zudem wird bei der neuen Zeit über die Verstärkerkolonnen mit Goldplatten destilliert. Die Kupferplatten sind mit 22 Karat vergoldet.
Destillation über Gold?!
Damals wurde eine neue Brennanlage benötigt und dabei wollten wir uns noch stärker von anderen Premiumherstellern abheben. Frau Scheibel – die Schwester von Michael Scheibel ist Chemikerin und sie kam auf das Thema Gold. Durch die Golddestillation bekommt das Produkt eine andere Aromenstruktur. Gold wirkt wie ein Katalysator und bringt dadurch feinere Aromen und Fruchtnoten zum Vorschein. Es werden andere Fette und Säuren durch die Goldplatten abgefangen.
Wann wird aus einem Schnaps ein Edelbrand bzw. ein Premiumprodukt?
Das Ganze verhält sich ähnlich wie beim Kochen. Denn nur wenn man gute Zutaten rein gibt, kann man auch ein gelungenes Gericht am Ende zaubern. Wir achten besonders darauf, dass die Früchte eine bestimmte Qualität haben, d.h. die inneren Werte sind für uns entscheidend. Auch ist eine kontrollierte Kühlgärung wichtig. Diese liegt bei 18-20 Grad, damit die Früchte ihre Aromen behalten. Das Ganze kann bis zu drei Wochen dauern. Wichtig ist uns außerdem am Ende die Abfüllung, sprich die Verpackung. Denn das Endprodukt soll ja auch edel daherkommen. Für uns ist ein Brand nur dann ein Edelbrand, wenn er über Gold destilliert wurde. Das ist unsere Philosophie.
Und wann spricht man von einem Geist?
Es gibt Brand, Wasser und Geist. Ein Himbeergeist zum Beispiel besteht aus Früchten, die nicht genug Zucker haben, um selbst genug Alkohol beim Ausgären bilden zu können. Auch Nüsse haben keinen Zucker, d.h. man legt sie in neutralen Alkohol ein, dann wird es mazeriert bzw. sie bleiben über einen gewissen Zeitraum eingelegt und geben dabei ihre Aromen und Farben an das Produkt ab, also ihren „Geist“. Ein Geist wird nur einmal destilliert, während ein Brand oder ein Wasser immer zweimal destilliert wird.
Welches Produkt ist bei euch ein Dauerbrenner?
25 Jahre lang gab es bei uns das unangefochtene „Altes Pflümle“ aus dem Premium Plus-Sortiment. Eine Spirituose, die wir etwas fruchtiger gemacht haben. Vor 1-2 Jahren wurde es aber von der Moor-Birne überholt. Sie ist aktuell die Nr. 1 bei uns im Sortiment. In der Gastronomie ist der Williams nach wie vor der Dauerbrenner, da dieser am häufigsten von Gästen bestellt wird.
Welcher Edelbrand ist bei euch brandneu?
Immer zum 1. Sept. bringen wir unsere Schatzkammer auf den Markt mit limitierten Produkten. Das aktuelle Produkt ist der „Prune-Brandy“.
Was wird in Deutschland mehr getrunken und was im Ausland?
Der Obstbrand generell ist eher ein europäisch geprägtes Thema. Wir haben aber auch Kunden in Japan, wo z.B. Kirschwasser ein großes Thema ist, aber mehr in der Verarbeitung von Süßspeisen, wenn es in Richtung Konditorei und Konfiserie geht.
Was ist deine persönliche Lieblingssorte? Und die von Michael Scheibel?
Mein Lieblingsbrand ist der Apricot-Brandy, der schmeckt total gut nach Marzipan. Seit der diesjährigen Schatzkammer mag ich aber auch sehr gern unseren neuen „Blackcurrant Rum“ aus schwarzen Johannisbeeren. Für Michael gehört „EMILL Kraftwerk“ definitiv zu seinen Lieblingsprodukten. Im Hinblick auf die Obstbrände mag er den „PREMIUM Kamin-Kirsch“, den Exzentriker in unserem Sortiment, der weltweit erste Kirsch mit spürbarem Rauch. Sehr spannend und einzigartig in der Obstbrandwelt.
Was haben eure sogenannten Geisterstunden auf sich?
Mit der Gastronomie machen wir sogenannte „Geisterstunden“, also Menü-Abende, die wir mit unseren Edelbränden begleiten. Ansonsten haben wir auch Kunden aus der Hotellerie, die ihren Gästen Packages anbieten. Auch Mixologen besuchen uns. Letztens kreierten sie mit einer Auswahl aus unserem Sortiment spannende Cocktails.
Ist ein Edelbrand eine Frage des Alters?
Das Thema „Genuss“ in Verbindung mit Obstbränden ist überwiegend in der Altersgruppe 40 plus verankert. Doch wir stellen auch fest, dass immer mehr Produkte auch bei Jüngeren ab 30 Jahren Anklang findet, wie z.B. unsere innovativen Produkte mit Ingwer, Moor-Birne oder auch Brandys.
Wie steht es mit dem Mythos „in einem Schluck runter damit!“
Es wäre einfach falsch zu sagen, ich schenk ihn ein und trinke ihn direkt. Denn von der Sensorik her sollte man seine Sinne erstmal nur durch den Geruch auf das Produkt fokussieren, warten und sich dann auf das Produkt einlassen.
Gibt es eine empfohlene Trinktemperatur?
Wir empfehlen, unsere Produkte kühl zu lagern. Bei 16-18 Grad liegt die ideale Trinktemperatur. Von Produkt zu Produkt ist es hierbei unterschiedlich. Einen Likör z.B. kann man auch auf Eis trinken. Alle im Fass gelagerten Produkte, wie z.B. auch beim Whisky, die zeigen ein tolles und anderes Aroma, wenn sie etwas im Glas verweilen dürfen. Was den Geruch angeht von Obstbränden, da bietet sich ein Aroma-Glas an oder unsere großen Geisterschwenker, die sind in der Gastronomie sehr beliebt.
Beraten Gastronomen ihre Gäste in Bezug auf Edelbrände noch zu selten?
In der Hotellerie erleben wir es öfter, dass hier bereits sehr gut bei den Gästen beraten wird. Doch meistens ist es so, dass Gastronomen kaum bis gar keine Kapazitäten für Schulungen für das Personal haben, und daran scheitert es oft. Wir bieten daher den Gastronomen Digestif-Karten an. Sprich, wenn Gastronomen bei uns Produkte beziehen, erstellen wir für sie individuelle Digestif-Karten. Dabei erzählen wir ähnlich, wie man das bei Weinkarten kennt, ganz viel über unsere einzelnen Produkte. Hierzu haben wir bisher sehr viel gutes Feedback von Gastronomen bekommen, da sie somit ihren Gästen gar keine ausführlichen Auskünfte mehr geben müssen.