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Gaumenfreude
Fleischkonsum: Weniger ist mehr!
Bei Fleisch gilt heutzutage immer mehr „Klasse statt Masse“. Das Qualitätsbewusstsein steigt und Billigfleisch ist längst nicht mehr im Trend! Die Schweine- und Rinderzucht: Entwicklungen und Trends im Überblick.

Paradoxe Welt: Einerseits essen immer mehr Menschen vegetarisch oder gar vegan, andererseits wurde nie derart ausgiebig über Beef und Burger, besondere Schweinerassen oder Saftiges vom Grill geredet und geschrieben. Ein Widerspruch? Wir meinen: „Nein!“ Nicht jeder will auf Fleisch verzichten, schon gar nicht immer. Selbst wenn öfter mal Gemüse & Co im Mittelpunkt stehen, kommt an anderen Tagen auch gerne Fleisch auf den Tisch.

Etwas aber zeigt sich deutlich: Das Qualitätsbewusstsein ist gestiegen. Billig gilt nicht länger als sexy. Deshalb steigt die Nachfrage nach hochwertigen Fleischsorten und auch das Interesse an einer optimalen Zubereitung nimmt rasant zu. Das gilt für den Supermarktkunden ebenso wie für den Gast in der Gastronomie. Immer häufiger wird nach der Herkunft der Zutaten gefragt, und für gute Produkte wird auch tiefer in die Tasche gegriffen.

 

Die Renaissance starker Schweinerassen

Bei unseren Urgroßmüttern war Schweinefleisch fett, der Speckmantel dick, der Schinkenanteil gering. Das sollte auch so sein, lieferte der Speck doch die dringend benötigte Energie. In den 60er Jahren änderten sich viele Dinge, auch unsere Ernährungsgewohnheiten. Es ging nicht mehr vordergründig darum, satt zu werden, ganz im Gegenteil: Fett geriet in Verruf.

Der Niedergang traditioneller Schweinerassen begann. Mit dem steigenden Wohlstand wurden vermehrt die edlen und mageren Teile des Schweines gekauft. Züchter hatten ordentlich zu tun, ihre Ergebnisse bescherten den Bauern Tiere mit einem deutlich geringeren Fettanteil, viel magerem Fleisch und damit mehr Gewinn. Auf der Strecke blieb dabei leider das Aroma – Fett ist schließlich Geschmacksträger erster Güte.

Im Massenmarkt hat sich seither wenig bewegt. Hell- wässriges Schweinefleisch für unfassbar wenige Euros verkauft sich tonnenweise. Artgerechte Haltung – interessiert nicht. Aroma – was ist das? Masse statt Klasse, Hauptsache billig. Aber es geht auch anders. Traditionelle Schweinerassen werden wieder vermehrt gezüchtet, dürfen langsam und lange wachsen, sich nach Belieben bewegen. Das Ergebnis: gut marmoriertes, festes Fleisch mit viel Aroma, das den anspruchsvollen Genießer garantiert zufriedenstellt.

Beispielsweise im Norden das Angler Sattelschwein, eine robuste und anspruchslose Rasse, die Fleisch mit guter Marmorierung liefert. Ebenso das robuste und genügsame Bunte Bentheimer mit ordentlicher Speckschicht und viel Geschmack. In Württemberg überzeugt wieder das Schwäbisch-Hällische Landschwein mit festem, dunkelrotem und gut durchwachsenem Fleisch. Im 19. Jahrhundert die begehrteste lokale Rasse, wurde es in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wegen steigender Magersucht der Kunden nahezu verdrängt. Wie gut, dass einzelne Bauern Weitblick bewiesen und die Rasse vor dem Aussterben schützten. Spanien exportiert seine Ibérico-Schweine in viele Länder. Das Fleisch der eher kleinen und flinken Tiere ist sehr zart und saftig. Allerhöchste Qualitäten liefern Schweine, die im Freigehege leben und mit Eicheln und Kräutern gemästet werden. Oder wie wäre es mit Fleisch vom Mangalitza-Wollschwein? Lustig aussehend, im „Zigeuner-baron“ besungen und aus Ungarn stammend, liefert die genügsame Schweinerasse fette und sehr aromatische Schnitzel und Braten. 

 

Best of Beef

Bei Rindern sah es lange ähnlich aus wie bei Schweinen. Artgerechte Haltung zählte nicht, der Schwerpunkt lag auf schnellem Wachstum, hohen Milchleistungen, niedrigen Preisen. Die Tiere standen (und stehen für den Massenmarkt weiterhin) eng gedrängt in riesigen Ställen. Bewegung und Frischluft? Fehlanzeige. Als Folge kommt ein zähes Steak vom Grill, ein trockener Braten aus dem Ofen. 

Wie gut, dass auch hier einiges ins Rollen gekommen ist. Seit Jahren bescheren uns Importe bestes Beef, etwa aus Irland oder Argentinien. Ob Angus-, Galloway- oder seit einigen Jahren das begehrte Wagyu-Rind – jeder Liebhaber kennt diese Namen.

Immer häufiger aber versprechen regionale, gezüchtete Rassen mehr Qualität und Umsatz. Das trifft auch zu für Gastronomen, die ihren Gästen Qualitätsfleisch servieren möchten. Eine langsame Renaissance erlebt beispielsweise das rote Höhenvieh. Die genügsamen und robusten Tiere liefern feinfaseriges und leicht marmoriertes Fleisch. Ein zusätzlicher Vorteil für die Bauern ist die hohe Milchleistung. Ebenfalls im Aufwärtstrend, vor allem in Rheinland-Pfalz, ist das Glan-Rind mit seinem feinfaserigen Fleisch. Im Süden wird wieder das Original-Braunvieh gezüchtet, langlebig, als Milch- und Fleischlieferant geschätzt, mit hohem Muskelanteil. Diese Liste ließe sich weiter fortführen. Suchen Sie in Ihrer Umgebung – Sie werden auch dort beste Qualität finden.

Noch ein Trend, der aus Amerika zu uns über den Großen Teich schwappt: das Fleisch von wilden Rindern, den Bisons. Die bulligen Riesen waren vor 150 Jahren nahezu ausgestorben, sind aber heute wieder weit verbreitet und werden längst gezüchtet – sogar in Deutschland. Wird dabei Wert auf höchste Qualität gelegt, haben die Tiere viel Auslauf und starke Zäune, die der Kraft der Zotteltiere trotzen. Aber leider hat auch hier längst die Zucht mit wenig Platz und großen Ställen begonnen – denn groß ist die Nachfrage, hoch der Preis. Und besonders der Geschmack. Bisonfleisch hat ein intensives und würziges Eigenaroma und ist dank seiner kurzen Fleischfasern leicht verdaulich. Zusätzliches Plus: Es ist sehr mager, enthält nur wenig Kalorien und ist damit für Schlankheitsbewusste, die Wert auf guten Geschmack legen, genau die richtige Wahl. Bei der Zubereitung jedoch ist etwas Übung gefragt – kürzere Garzeiten und längeres Nachziehen bringen das Fleisch saftig auf den Teller.