Barista Daniel Gerlach
Stammtisch
Stammtisch mit Daniel Gerlach
Ein Schluck Lebensglück gefällig? Diesmal zu Gast an unserem Stammtisch: Genussmensch und Barista Daniel Gerlach! Wir haben nachgehört, wie es um das braune Gold steht.

Eigentlich ist er gelernter Koch und Patissier, doch die Liebe und Wertschätzung für Kaffee haben ihn zum mehrfachen Deutschen Latte Art Meister, World Latte Art Championship Top 20 und 7-fachen Barista Jam Gewinner gemacht. Mit seinem Projekt Seven Hills Coffee Roasters betreibt Daniel Gerlach gemeinsam mit Christian Ullrich Consulting, Kaffeeschule, Rösterei und vieles mehr. Wir hören beim Genussmenschen nach, wie es um das braune Gold steht.

WIE BIST DU ZU KAFFEE GEKOMMEN?
Als Koch war ich früher viel in der Küche und habe von den Gästen wenig mitbekommen. Als Barkeeper hin und wieder war es daher umso spannender für mich, in der Welt der offenen Gastronomie an der Theke auch mal Gästereaktionen direkt zu sehen. Als ich dann noch gemerkt habe, dass nur zwei Zutaten wie Milch und Espresso ausreichen, um den Gästen gefühlt den Start in den Tag zu verschönern, war ich einfach fasziniert. Im Vergleich zu meiner Zeit als Patissier, brauchte ich, um einen Wow-Effekt hinzubekommen, ca. 8 Stunden und 37 Zutaten.

WAS MACHT EINEN GUTEN KAFFEE AUS?
Die Ausgangsbasis sollte schön ausbalanciert und süß sein. Denn oftmals bekommt man einen Espresso, der entweder verbrannt oder total sauer schmeckt. Wenn ich von Säure spreche, dann muss man sich klar machen, dass Kaffee grundsätzlich eine Frucht ist. Wie jede Frucht hat auch Kaffee eine gewisse Fruchtsäure, die sehr angenehm, aber auch schnell unangenehm schmecken kann.

WAS LIEGT AKTUELL IM TREND?
Was immer mehr an Gefallen gewinnt, ist der „Flatwhite“, den kennt man eher aus Australien. Er ist vom Geschmack etwas fruchtiger und intensiver als unser Cappuccino.

VON TREND ZU REALITÄT: WAS WIRD AM HÄUFIGSTEN BESTELLT?
In Deutschland ist es nach wie vor der Cappuccino. Auch in den Kaffeebars, wo ich die Ehre habe, diese betreuen zu dürfen, machen wir auch Statistiken und Auswertungen, um zu schauen, welche Produkte gut laufen und welche eher nicht. Da sieht man sehr oft, dass Cappuccino an der Spitze ist. Was mehr und mehr zurückgeht, ist Milchkaffee und Latte Macchiato - da merkt man auch, dass die Leute gar nicht mehr so viel Milch zu sich nehmen wollen. Da diese ja auch nicht mehr ganz so gesund ist und auch ne halbe Mahlzeit ist. Frisch gebrühter Filterkaffee ist auch wieder sehr im Kommen, was daran liegen kann, dass man hier einfach ein gewisses Aromenspiel hat, was Milchgetränke oft nicht widerspiegeln können.

HAT SICH EIGENTLICH PLANT-BASED IN DER WELT DES KAFFEES ETABLIERT?
Bei Seven Hills bieten wir zwei Milchsorten an. Die klassische Frischmilch von umliegenden Erzeugern, die wir in Glasflaschen bekommen und Hafermilch. Bei uns gibt es allerdings keinen Aufpreis für die Milchalternative, wie so oft in anderen Läden.Warum sollte jemand noch zur Kasse gebeten werden, wenn er Kuhmilch eben nicht verträgt?

„MIT KAFFEE KANN MAN SO VIELE EMOTIONEN UND LEBENSGLÜCK SCHENKEN“ – DEINE WORTE. ABER WIE GEHT DAS?
Ich finde, vor allem in Deutschland wird eine Motzkultur gepflegt. Dabei kann man sich an den kleinen Dingen doch so gut erfreuen und dies übersieht man sehr oft. Egal ob es sich um ein gutes Gespräch oder ein gutes Gericht handelt; all diese kleinen Glücksmomente mit einer Tasse Kaffee dabei, gilt es zu genießen und festzuhalten.

WENN EIN GAST AM TRESEN ZU DIR SAGT: „ÜBERRASCH MICH!“ WAS BIETEST DU AN?
Wir haben bei uns im Laden bei Seven Hills z. B. vier Specials. Eines dieser Specials ist ein Drei-Gänge-Menü aus einem Espresso. Wir servieren einen Espresso und dazu eine kleine Schale mit Scheiben von getrockneten Kumquats. Beim 1. Gang bitten wir den Gast, den Espresso umzurühren und einen größeren Schluck zu nehmen, sodass noch die Hälfte vom Espresso in der Tasse ist. Beim 2. Gang rührt man die getrockneten Kumquats in den Espresso rein. Dadurch wandelt sich der Espresso von spritzig, fruchtig und sauer zu etwas Schwerem und Herben, bis man eine dunkle Marmelade bekommt. Als 3. Gang bleibt ein Rest der herb-süßen Kumquats in der Tasse hängen und somit hat der Gast ein Dessert zum Löffeln.

WAS KANN MAN BEI DEINEN BARISTA-KURSEN ALLES ERWARTEN?
Wir bieten sieben verschiedene Kurse an. Die Kurse beinhalten u.a. die Schwerpunkte Latte Art, Espresso-Extraktionen u.v.m. Wir bieten Kurse an, wo man die einzelnen Arbeitsschritte an der eigenen Maschine erlernt, bis hin wie man verschieden Getränke zubereiten kann. Dann haben wir auch einen Vorstufen-Kurs, wo man auch Maschinen testen kann, um herauszufinden, welche wiederum zu den individuellen Ansprüchen und Bedürfnissen passt.

WAS KANNST DU GASTRONOMEN BZGL. KAFFEE RATEN ODER BESSER NOCH, GIBT ES IN DER GASTRO ETWAS, DASS SICH ÄNDERN SOLLTE?
Was mir wichtig ist, ist, dass vor allem das gefährliche Halbwissen insbesondere bei den Gastronomen minimiert wird. Oftmals wird bei Kaffee zu wenig Wertschätzung entgegengebracht. Ich darf das eine oder andere Hotel betreuen und da merke ich oft, dass es sehr schwierig ist, in festgefahrenen Strukturen etwas zu bewegen, obwohl gerade im Frühstücksbereich das essenziellste Thema Kaffee ist. Alles wird ständig hinterfragt und sei es nur der Lieferant, der Gurken liefert – doch Kaffee wird schlichtweg nicht hinterfragt.

WELCHER IST DEIN LIEBLINGSKAFFEE?
Ich starte morgens immer gemütlich mit einem Cappuccino. Das ist so mein Morgenritual. Über den Tag hinweg gönne ich mir eigentlich nur noch frischgebrühten Filterkaffee. Durch die Baristakurse muss ich viel Espresso trinken, um Feedback geben zu können und dementsprechend trinke ich diesen ganz selten privat. Wenn ich keinen Kurs habe, trinke ich 3-4 Tassen am Tag. Was erstaunlich ist, Wenn ich wirklich länger keinen Kaffee getrunken habe, dann bekomme ich auch einfach Kopfschmerzen. Warum? Ob Kaffee der Gesundheit zuträglich ist und welche Auswirkungen sein Inhaltsstoff Koffein auf unseren Körper hat, ist umstritten. Zum einen scheint es aber erwiesen, dass Koffein neben der bekannten anregenden auch eine schmerzlindernde Wirkung entfalten kann. Tja, und wenn dies entzogen wird ...

ZU GUTER LETZT: WENN WIR SCHON EINEN LATTE ART MEISTER AM TISCH SITZEN HABEN, KANNST DU EINEN TIPP FÜR EIN EINFACHES SCHAUMBILD GEBEN?
Man gießt nicht sofort ein Blatt oder ein Schwan, sondern das einfachste Motiv ist tatsächlich das Herz. Oft wird es aber erstmal weiße Kreise, die ich eher den Strudel des Zorns nenne. Das Herz funktioniert mit einheitliche gleichmäßigen Fließbewegungen. Ab einem gewissen Punkt muss man den Abstand der Gießkanne auf die Tasse reduzieren. irgendwann gibt es einen Punkt und durch den ziehe ich einfach fix den Schaum durch.

Bettina
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