Zeit für Brot!
Gaumenfreude
Zeit für Brot!
Jetzt wird Tacheles geredet. Zwei Vertreter ihres Fachgebietes stehen nicht ganz alltäglichen Fragen Rede und Antwort. Es darf reichlich geschmunzelt werden bei unseren beiden Bäckern. Auf ins Doppel-Interview!

Auf der einen Seite haben wir Christian Philipps, Sterneküchen-Bäcker aus Waldmünchen und Konditormeister. (Instagram:@baeckerei_philipps) Gegenüber steht ihm Sebastian Georg Brücklmaier. Bäckermeister, Konditor, Betriebswirt und Brotsommelier aus München. (Instagram: @der_brot_dompteur)

Wie schaut's aus mit euer Work-Life-Balance als Bäcker?
Christian:
An der arbeite ich seit 10 Jahren. Wenn du denkst, es passt, geht es wieder in die andere Richtung und die Balance gerät aus der Waage. Das ist aber normal. Daher haben wir gerade auch unsere Öffnungszeiten angepasst, um den Stress beim kompletten Team rauszunehmen.

Sebastian: Von nichts kommt nichts. Wenn die Arbeit mehr Zeit in Anspruch nimmt, mach ich das gerne. Zur rechten Zeit gönne ich mir dann natürlich auch eine Auszeit. Grundsätzlich habe ich aber keine 40 Stunden Woche mit 5 Arbeitstagen und 6 Wochen Urlaub im Jahr.


Warum braucht es Brot-Sommeliere?
Christian: Ich sage mal so ... man muss kein Sommelier sein, um ein knuspriges tolles Brot aus dem Ofen zu ziehen. Grundsätzlich sind Weiterbildungen gut, keine Frage. Gerade, wenn man in der Gastro arbeitet, ist das Vokabular des Sommeliers ganz gut. Beherrschst du die Weinheimer Brotsprache kommt dies dem Sommelier aber auch schon nahe. (akademie-weinheim.de)

Sebastian: Der alte Arzt spricht Latein, der junge spricht Englisch und der gute Arzt spricht die Sprache seiner Patienten. Es ist also nicht nur wichtig, sein Fachwissen zu haben, sondern dieses Wissen auch an seine Kunden geben zu können. Neben der Geschichte eines Produkts kann ein Sommelier auch vieles über die Herstellung und ideale Foodpaarings servieren.

Am besten noch ein türkisches Dampfbad für die Brotkreation des Jahres?!
Christian:
Klingt nach einer faszinierenden Idee! Die Kombination von Dampf und traditionellen türkischen Aromen könnte eine einzigartige Geschmacksebene bieten. Die feuchte Hitze des Dampfbads könnte ein tolles Volumen und eine knusprige Kruste entwickeln, während die Aromen tief in den Teig eindringen. Es klingt definitiv nach einer innovativen Richtung für die Brotkunst!

Sebastian: Im Sommer komme ich mir in der Bäckerei tatsächlich hin und wieder vor, als wäre ich in einem Dampfbad – leider in Arbeitskleidung. Daher sind für eine Brotkreation nur noch die richtigen Rohstoffe und die fachgerechte Zuneigung vonnöten. Wobei - wenn man sich den nackten Bäcker im Dampfbad (Bäckerei) vorstellt, wie er sich mit geschickten Handbewegungen um das Brot kümmert...


Was macht dein Brot so besonders?
Christian: Wir haben das europaweit patentierte 360° Laib. Das Brot ist von Norden, Süden, Osten und Westen unterwegs und 360° neu gedacht. Lange Fermentationszeiten, süßlich-karamelligsäuerliche Noten durch den Sauerteig, eine krachende Kruste, doppelt gebacken etc. Tim Raues Urteil: Das Brot ist Weltklasse!

Sebastian: Ich ziele nicht darauf ab, die einfachsten Brote der Welt zu backen, sondern schlichtweg die besten. Brote sollten eine kräftige, rustikale Kruste haben, welche eine Aromenvielfalt und zusätzlich noch optisch einen individuellen, handwerklichen Charakter bietet. Unser Natursauerteig lässt dazu den Gaumen auf eine Erlebnisreise durch die Brotaromen gleiten.


Wie magst du deine Stulle am liebsten?
Christian:
Ganz einfach das 360° Brot mit guter Butter und Salz drauf oder auch Olivenöl drauf und fermentierter Pfeffer. Das reicht für mich schon, um glücklich zu sein.

Sebastian: Außen knackig und in der Mitte feucht – Spaß bei Seite: Meine Stulle ist meist ein offenporiges Weizenmischbrot mit Walnüssen, leicht getoastet. Die warme Scheibe Brot wird dann von mir mit einem Meerrettich-Frischkäse bestrichen und einem norwegischen Räucherlachs belegt. Garniert mit etwas Kresse, Zwiebel, einer Prise frischem Pfeffer und einem Hauch von Honig-Senf-Soße.

Muss Brot bzw. die Branche neu gedacht werden? Oder alles Firlefanz?
Christian: Von Grund auf neu gedacht werden muss die Branche denke ich nicht, aber man sollte immer up to date sein. Was gut ist, bleibt auch gut. Die Augen sollte man dennoch immer offenhalten und wissen, was dem Kunden wichtig ist, welche Trends es gibt und auch das Thema Food Pairing ist enorm wichtig. Wir machen also in der Tat ein bisschen Firlefanz. So kreieren wir mal hier und mal dort Neues mit Gastronomen wie z.B. Anton Schmaus, Lukie Maurer und Heiko Antoniewicz. Wir schauen, was wir als Bäckerei für die Gastronomie tun kann.

Sebastian: Das Rad muss definitiv nicht neu erfunden werden. Es muss sich lediglich auf die Stärken fokussiert werden und diese dann auch genutzt werden. Es gibt doch nichts Schöneres als aus ursprünglichen Rohstoffen (idealerweise aus der näheren Umgebung) durch die Zugabe von Fachwissen ein High-End Produkt zu zaubern. Back to the Roots ist ein oft verwendeter Begriff in der Branche, wo sich nun auch der Kreis zum Sommelier schließt. Wie soll ich zurück zu meinen Wurzeln/Ursprüngen, wenn ich diese nicht kenne?

Bettina
Alle Beiträge anzeigen